Egal in welchen Bike-Shop man schaut, ein Großteil der angebotenen Räder ist, gelinde gesagt, überaus dezent coloriert. Neben einigen Farbbomben findet der Kunde viele dunkel lackierte Fahrräder, die aussehen, als hätten ihre Designer unter kollektiver Winterdepression gelitten. Gleiches gilt beim Durchstöbern entsprechender Prospekte, in denen sich die Hersteller zwar mit abenteuerlichen Farbschöpfungen überbieten, um hinter magischen Bezeichnungen wie „Gunpowder“ oder einem klanggewaltigen „Satin Metallic Dark Navy“ doch nur schnödes Dunkelgrau oder Schwarz zu verstecken. Klar- die Geschmäcker sind verschieden, aber sollte die Bike-Branche hier und da nicht etwas mehr Mut zur Farbe zeigen? Jan-Philipp und Erik vertreten da jeweils ihre eigene Meinung.
Schwarz ist meine Farbe! von Erik Neugebauer
Zugegeben, es gibt viele schöne bunte Fahrräder. Es gibt auch schöne bunte Kleidungsstücke. Bunte Schals, Hosen, Socken. Sogar Krawatten mit Comicfiguren, Dreiecken und Buntfischen gibt es und wem es gefällt, bitteschön, der möge es tragen. Allerdings ist die Krux bei bunter Kleidung immer zweierlei: Es ist eine Kunst, sie geschmackvoll zu kombinieren, die –man möge mir das verzeihen- nicht jedermann bis ins Detail beherrscht.
Ich kenne Mitmenschen, die eine dermaßen bunte Vielfalt an Farben so perfekt kombinieren, das mir regelmäßig die Spucke wegbleibt. Und es gibt jene, die gut daran täten, Ihre Farbpalette im Kleiderschrank auf ein Minimum an Schwarz und Grautönen zu reduzieren, um nicht unnötig auf dem ästhetischen Empfinden ihrer Umwelt herum zu trampeln. Zu Letzteren, das habe ich irgendwann erkannt, gehöre eindeutig ich.
Mir fällt es schwer, Farben stilsicher zu kombinieren und ich habe irgendwann erkannt, dass Schwarz einfach immer gut aussieht. Und das gilt auch für Fahrräder. Meine Freundin hat neulich einen Bekannten, der stolz mit seinem mintgrünen Bianchi vorfuhr, hinter vorgehaltener Hand als rollende Midlife-Crisis bespöttelt. In der Tat war der Anblick ein bisschen würdelos, was allerdings auch dem nicht zu übersehenden Bauchansatz, verpackt in einem deutlich zu engen Oberteil, geschuldet war.
Aber es trifft den Kern-auch ich fühle mich auf einem bunten Bike langfristig immer deplatziert und ein bisschen zu berufsjugendlich. Ganz schlimm wird es, wenn sich der gemeine Hobbysportler in seinem Wunsch nach Selbstüberhöhung (so nennt man das psychologisch ;-)) ein Sponsorentrikot überstreift, das aussieht, als hätte er mindestens drei Bergetappen bei der Vuelta gewonnen- um dann nichts Besseres zu tun zu haben, als mit unrasierten Käsebeinen kleine Kinder vom Radweg zu brüllen, weil sie ihn auf seiner vermeindlichen Rekordfahrt ins Nirgendwo behindern. Peinlich, peinlich….
Nicht, dass ihr mich falsch versteht- ich habe nichts gegen Farben! Es gibt wunderschöne bunte Räder und mein Kollege Michael zum Beispiel hat ein besonderes Talent, diese bunten Räder geschmackvoll mit bunter Bikewear zu kombinieren. Aber selbst wenn ich das genauso gut könnte, liegt die Sache bei mir anders: Egal wie schön ich ein buntes Bike anfangs fand, irgendwann habe ich mich sattgesehen und wünsche ich mir das Bike in schwarz. Und das nicht nur, weil meine Freundin meint, auf schwarzen Bikes sähe ich besonders sportlich aus- nein- schwarz ist einfach zeitlos und kommt nie aus der Mode. Heißt im Umkehrschluss: Mein schwarzes Rad wird auch in zehn Jahren noch frisch aussehen, wenn sich seine farbenfrohen Pendants schon längst überlebt haben- meine Meinung! Und jetzt entschuldigt mich, ich muss mir unbedingt das gerade eingetroffene Giant Revolt in „Starry Night“ anschauen ;-)…
Schwarz ist keine Farbe! von Jan-Philipp Preuß
Aus meinen Gesprächen im Laden und mit anderen Radfahrern kenne ich die individuellen Beweggründe für die eintönige Farbpalette nur zu gut. Die einen wollen nicht so sehr auffallen, die anderen schätzen es, zeitlos von jeder Mode unabhängig zu sein und für wieder andere wirkt Schwarz besonders edel. Nach 15 Jahren beobachten ist diese Farbe für mich aber nur noch langweilig und traurig.
Es ist Herbst und wir sind unterwegs auf einer Benefiz-Rennradtour. Ich hole mein rotes Giant aus dem Kofferraum, schlüpfe in mein buntes Trikot, ziehe die gelben Schuhe an und setze meinen blauen Helm auf. Es geht los. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, der Wind streift kühl durch die Haare. Ach, was für ein schöner Sonntag! So rollt die Gruppe langsam aus der Stadt ins Weserbergland hinaus und als Fahrradliebhaber kann man ja mal schauen, mit wem und was man hier unterwegs ist. Hier zeigt sich dann ein Bild was ich aus dem Laden, den meisten Fahrradtreffen und Events sowie Gruppenradfahrten kenne, und dieses Bild ist sehr düster. Vom freundlichen Anthrazit zu Schwarz matt, Schwarz glänzend bis hin zum gewagten Schwarz mit weißer Schrift ist das gesamte Spektrum an Schwarz vertreten. Schuhe, Hosen, Handschuhe und Trikots fügen sich hier natürlich makellos ein. Es zieht ein schwarzer Zug Fahrräder durch Weserbergland und das nicht mal als Trauerzug.
Dabei gibt es doch so viele gute Gründe, sich auch mal ein wenig zur Farbe zu bekennen. Bunte Farben werden deutlich besser wahrgenommen, sei es im Straßenverkehr oder beim Mountainbiken im Wald. Und andere Verkehrsteilnehmer sehen den Radfahrer besser und können schneller reagieren.
Bunte Farben gehören zum Radsport. Ob bei der Tour de France in den 60ern, beim Trekkingfahren in den 80ern oder beim Downhill der 90er Jahre. Radfahren war schon immer bunt. Für den einen zur Darstellung von Sponsoren, für den anderen um sein Rad auf dem Parkplatz des hiesigen Freibades wiederzufinden und wieder für den anderen, um Erfolge zu feiern. Nicht umsonst gibt es bei der Tour de France das gelbe, grüne und gepunktete Trikot und in jeder Radsport Disziplin ist das Weltmeistertrikot immer Regenbogenfarben.
Bunte Farben sind auch einfach angenehmer. Jeder der im Sommer ernsthaft Rad gefahren ist, weiß: Schwarze Trikots und Helme sind ungleich wärmer als ihre farbenfroheren Gegenstücke.
Joe Breeze und Gary Fischer sind für mich die Vorbilder in Verbindung zur Freude am Radfahren. Die zwei kalifornischen Rennradfahrer, die Ende der 70er Jahre aus einigen Stadträdern ganz zufällig das Mountainbike erfunden haben. Hier ging es einfach nur um Spaß, um die Freude an der Bewegung. Es ging darum, draußen zu sein und vor allem ging es um das Grinsen im Gesicht. Dieses Bild unter der kalifornischen Sonne ist, zumindest in meinem Kopf, alles andere als dunkel.